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Impulse von Sankt Augustin bis Swisttal

Hallo liebe Leser:in,

ich weiß gar nicht so recht, was ich schreiben soll. In den letzten Tagen habe ich viel erlebt - teilweise in einer solchen Art und Weise, dass mir keine Wörter einfallen, um das alles auszudrücken.

Von Düsseldorf bis Sankt Augustin bin ich an einem Tag gefahren, 80km. Abends um 21:00 kam ich mit angebauter Taschenlampe an und wurde so herzlich begrüßt. Begrüßt von einem megalieben Menschen namens Jo und dem kleinen, schon eingeschlafenen Anton. Das nach zwei Tagen Schlaf im Freien.
Ich konnte ein paar Tage in der möblierten Garage verbringen, Sachen waschen, warm duschen, in mich gehen und vieles reflektieren, meine Gefühle spüren - später mehr dazu.

In dieser Zeit ist mir Jo und der kleine Anton sehr ans Herz gewachsen. Abschied nehmen ist mir nicht leicht gefallen nach den vielen gemeinsamen Erlebnissen: Zusammen im grünen mit Anton, einer kreativen Aktion, Gespräche über inneres, genderqueere Themen, zwei Bananenbrot-Bärchen, die mir noch später viele Gefühlsmomente in der Natur freigesetzt haben: Dankbarkeit, unendliche Dankbarkeit und Wertschätzung.

Ich fühle mich jetzt immer noch stark mit dir verbunden, Jo. Es tut gut zu spüren, dass es so mitfühlende und gewissenhafte Menschen gibt. Menschen, die das tun, was ihr Herz sagt - selbst wenn sie damit gegen den Strom schwimmen und eher Kritik statt Lob erfahren. Als mir klar wurde, was du alles tust, wie sehr du dir den Popo aufreißt und was du dafür zurück bekommst, hat das meinen Gerechtigkeitssinn stark getriggert.
Da ich es dir nicht im Großen ausdrücken konnte, wie sehr ich das alles liebe, habe ich das Thema meinen Gefühlen überlassen, alles zugelassen. Es war wahrscheinlich in der Situation etwas unverständlich, dafür gleichzeitig auch eine Art, alles so anzunehmen, wie es ist.

Von Sankt Augustin ging es weiter nach Meckenheim zu einem Demeter-Hof, mich als Erntehelfer:in anbieten. Zwischenstopp in Alfter, eine Nacht draußen. Ohne Thermofolie ging nichts mehr, -4°C.

In Meckenheim gab es erstmal keinen Job, das wusste ich aber erst einen Tag später.
Deswegen habe ich eine weitere Nacht draußen verbracht: -2°C. Diesmal ist mein Fahrrad eingefroren, am Zelt war Eis, Geräusche wie von Wildschweinen, meine Füße wurden nicht warm im Morgentau. Von 8:00 bis 10:00 habe ich mich ins Licht gestellt und gewartet, dass die Sonne endlich für Wärme sorgt. Die Sonne: Schon immer von Menschen angebetet und verehrt, auch von mir.
Ich habe gespürt, wie der Wald lebt - als ein riesiges Wesen. Alles greift ineinander, alles funktioniert zusammen. Die Stacheln, Moos, Gräser, die Schatten der Bäume, weicher Boden. So komplex wie unser Bewusstsein - mit unbegehbaren Zonen aus zugewucherten Stellen mit Dornen, genauso wie Orte des Lichts, wo mit der Sonne das Gras zum Leben erwacht.
Um 11:00 konnte ich langsam zusammen packen und den Schlafsack trocknen. Er wurde nass, weil sich alles feuchte an der Thermofolie gesammelt hatte.

Nach dem Frühstück in Meckenheim ging es nochmal zum Demeter-Hofladen, wo direkt der Chef angerufen wurde: Es wird gerade niemand gesucht. Ab zum nächsten Hofladen. Auf dem Weg dorthin lernte ich Susanne kennen, welche mir gleich einen Schlafplatz anbot.

(Wie) konnte das sein?
Im Morgentau habe ich zur Natur, zu dem Wunder des Lebens gesprochen. Eine Bitte geäußert, mir ein Zeichen zu geben, wenn das alles »gewollt« ist, wenn es einen Plan dahinter gibt.
War das die Antwort, das Zeichen? Beginnt sich mein Weltbild gerade zu wandeln? Was passiert, wenn ich den Impulsen folge, dem traue, was ich nicht verstehe, was sich gleichzeitig richtig anfühlt? Mir wurde ganz anders, ein schwer beschreibbares Gefühl: Eine Mischung aus Ehrfurcht, Verrücktheit und Liebe zum Leben. Krass!

Susanne ist ein besonderer Mensch. Ich kann viel von ihr lernen. Nicht nur zu Sprossen, selbstgemachten Gewürzen und vielen Dingen, von denen ich nie gehört habe. Nein, es ist insbesondere im Inneren, das was sie als Menschen ausmacht. Weltoffenes Mindset, sehr reflektiert und auch viele Erfahrungen, welche integriert sind. Immer wieder kommen kleine Sätze mit einer Aussage, welche es in sich hat. Herzensimpulse.
Hier in Swisttal fühlt es sich an, wie im Paradies. 24/7 gelebte regenerative Kultur, ein Garten, in dem alles blüht, eine Atmosphäre im Haus, die zum Meditieren einlädt.

Gesten saß ich in der Sonne und habe ewig einer Biene zugesehen, die unermüdlich Blumen von einem großen Topf bestäubt hat. Es war windig und die Pflanze zu schwach, um ein Insekt zu halten. Die Biene hat alles im Flug geschafft, über eine halbe Stunde lang. Verdammt effizient, wieder ein Wunder der Natur.

Und die Natur bietet alles. Nicht nur für Insekten und Menschen. Es ist zusammen mit Wasser und Sonne die Grundlage von dem Leben, wie wir es kennen. So perfekt aufeinander abgestimmt, vielfältig und lebendig.
Viele versuchen einzelne Dinge zu verstehen, sie erklärbar zu machen. Oft bleibt damit die Frage nach dem großen WARUM aus: Warum das alles? Was ist das für ein wunderbares Geschenk, in dieser Welt leben zu dürfen, sie zu erfahren, so viele Möglichkeiten zu haben?

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Kommentare

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Daggi am :

Wunderschön, dein Text. Und durchaus sehr verständlich. Zumindest ich meine zu wissen, welche Ehrfurcht und Dankbarkeit du fühlst. Auf dem Foto siehst du sehr weich und durchlässig aus. Wunderschön. Ich kann dir ansehen, dass du zulässt und loslässt. Danke, dass ich daran teilhaben darf!

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